Man schreibe mir ein Billett.

Vor Kurzem hab ich ein Buch gelesen, das spielte in einer anderen Zeit. Da waren Frauen noch Damen und Männer schneidige Offiziere. Die Jogginghose war noch nicht erfunden und es ging um Ehre und Ansehen.

In dieser Zeit – und in diesem Buch – gab es natürlich weder Telefon noch Internet oder Whatsapp, man schrieb sich Billetts. Das kommt aus dem französischen und steht für „Briefchen". Das finde ich sehr romantisch. Heutzutage schreibt kein Mensch mehr Briefchen, auch Kärtchen werden viel zu selten verschickt. Stattdessen bekommt man nur noch E-Mails, Textnachrichten oder Sprachaufnahmen. 

Wenn ich es mir aber vorstelle – der Mann sitzt daheim, zückt das hochwertige Briefpapier (die Struktur des Papiers, man kann sie fühlen), spitzt den Bleistift oder füllt die Feder und setzt an. Er nimmt sich Zeit, seine Gefühle zu schildern und bringt es aufs Papier. Was will er mir sagen – was er für mich empfindet? Wo wir uns das nächste Mal treffen? Wo er mich hin einladen wird? Dass er mir etwas zeigen möchte? Verabschiedet er sich in seinem Brief mit „Ihr Ergebener“ (natürlich sind wir per Sie, es geht hier um meine Ehre)? Vielleicht sprüht er ein bisschen von seinem Rasierwasser über den Umschlag.

Und dann, dann schickt er einen Boten, um den Brief auszutragen. Von wegen zwei blaue „sie-hat-es-gelesen“ - Haken. Nix da. Wenn der Bote unterwegs in der Kneipe einkehrt, aus Versehen in die Happy Hour gerät und dort versackt und ich den Brief nie bekomme? - Schicksal!

Wenn mein Ergebener dann am vorgeschlagenen Treffpunkt steht und ich nicht da bin und wir deswegen nie zusammenkommen? - Schicksal! Oder totale Fahrlässigkeit, denn er hatte ja auch nicht um Antwort gebeten. Was für ein Anfängerfehler. 

Ich finde Billetts sehr, sehr romantisch. Aber - wenn ich es mir genau überlege, dann ist auch die Gewissheit zweier blauer Haken nicht zu verachten. Wir sollten also die Vergangenheit mit der Gegenwart zusammenführen und zusätzlich zu praktischen Schnell-Nachrichten auch Karten und Briefe schreiben. Sich die Zeit nehmen, was man dem anderen sagen möchte. Schön schreiben.

Dies ist ein dringender Aufruf. Ein Appell.

Schreibt mir Briefe, schickt mir Karten, ich will ein Billett. Nehmt das beste Briefpapier (oder kauft erst mal welches) und parfümiert es, von mir aus taucht es vorher in Gin.

Und schickt mir Worte.